Wenn plötzlich alles anders ist
Schlaganfall-Lotsen der KHWE helfen Betroffenen bei Rückkehr in ihren Alltag – Chefarzt informiert zum Welt-Schlaganfalltag am 29. Oktober
29.10.2024
Höxter/Beverungen. Als Irene Groppe plötzlich ihren linken Arm nicht mehr bewegen kann, bekommt sie Panik. „Ich bin morgens aufgestanden, wollte mir ins Gesicht fassen, aber es ging nicht“, erzählt die 90-jährige Beverungerin. Auch ihre Schwiegertochter, die mit im Haus wohnt, sieht sofort, dass etwas nicht stimmt. Nach einem Besuch bei ihrer Hausärztin ist klar: Irene Groppe muss auf schnellstem Weg in die Notaufnahme des St. Ansgar Krankenhauses in Höxter. Im Raum steht der Verdacht auf einen Schlaganfall.
„In dieser Situation kommt es auf jede Minute an, um Folgeschäden einzudämmen. Zögern Sie also nicht den Notruf zu wählen, wenn Sie bei einer Person Ausfallerscheinungen feststellen“, appelliert Prof. Dr. Mark Obermann anlässlich des Welt-Schlaganfalltags am 29. Oktober. Die Symptome eines Schlaganfalls sind eindeutig und können trotzdem verunsichern. Face, Arms, Speech, Time (kurz: FAST) – Das sind die Schlagworte, auf die es im Fall der Fälle ankommt. „Überprüfen sie mit einfachen Tests, ob die betroffene Person eine verwaschene Sprache hat, über Lähmungserscheinungen klagt oder beim Lächeln unter einem hängenden Mundwinkel leidet“, so Obermann. Das Team des Chefarztes der Klinik für Neurologie am St. Ansgar Krankenhaus der KHWE versorgt jährlich fast 3000 Patienten (davon etwa 800 mit einem Schlaganfall) und ist für seine Arbeit bereits mehrfach ausgezeichnet worden.
Als Irene Groppe im Krankenhaus eintrifft, bestätigt sich auch bei ihr der Verdacht. Nach der ersten Behandlung kommt sie auf die Schlaganfall-Station („Stroke Unit“), wo sie in den ersten Tagen von einem Team aus Ärzten, Physio- und Ergotherapeuten, Logopäden und speziell ausgebildeten Pflegekräften ("Stroke Nurses") behandelt wird. „Wir beginnen innerhalb von 24 Stunden nach der Aufnahme mit der sogenannten Frührehabilitation und Frühmobilisation der Patienten“, erklärt Prof. Dr. Mark Obermann. „So können durch den Vorfall entstandene Behinderungen verringert und Komplikationen wie Thrombosen, Lungenentzündungen und Harnwegsinfekte vermieden werden.“
In dieser Zeit nimmt auch Schlaganfall-Lotsin Irmhild Schmidt Kontakt zu Irene Groppe auf. Sie wird die Patientin ab sofort für ein Jahr begleiten. Im ersten Gespräch geht es vor allem darum, wie sie aufgestellt ist, wo sie Hilfsbedarf hat und wie es nach dem Krankenhausaufenthalt weitergeht. „Viele Patienten kommen aus der Reha zurück nach Hause, leiden teilweise noch an körperlichen Lähmungen, Sprachstörungen oder kognitiven Einschränkungen. Sie sind mit der neuen Situation überfordert und wissen nicht, wie sie so ihren Alltag bewältigen sollen“, sagt Irmhild Schmidt. Gemeinsam mit Angela Winzmann unterstützt sie betroffene Personen und ihre Angehörigen. Sie stehen im engen Austausch mit dem Sozialmanagement der KHWE, informieren und beraten Patienten und ihre Angehörigen, dokumentieren Behandlungen, unterstützen bei der Beantragung von Hilfsmitteln, der Suche nach einem Pflegedienst oder bei notwendigen Umbaumaßnahmen zu Hause und überwachen schließlich die Einhaltung von Therapieplänen und Medikation.
Irene Groppe wurde bereits 2021 aufgrund eines ersten Schlaganfalls im St. Ansgar Krankenhaus behandelt. Dass sie jetzt wieder auf dieselben bekannten Gesichter trifft, gibt ihr das Gefühl von Sicherheit. „Nach der Diagnose fühlt man sich erst einmal hilflos, aber ich werde hier sehr gut betreut“, sagt die 90-Jährige.